Der Beratungsbesuch soll pflegende Angehörige entlasten, praktische Probleme aufnehmen sowie gesetzliche Leistungsangebote transparent machen. Und er soll ausdrücklich zeigen, dass der pflegebedürftige Versicherte im Mittelpunkt aller Bemühungen steht.
Pflegebedürftige, die Pflegegeld nach § 37 SGB XI beziehen, haben gemäß § 37 Abs. 3 Satz 1 SGB XI
- bei Pflegegrad 2 und 3 halbjährlich einmal
- bei Pflegegrad 4 und 5 vierteljährlich einmal
eine Beratung in der eigenen Häuslichkeit abzurufen. Darüber hinaus haben Pflegebedürftige des Pflegegrades 1 sowie Pflegebedürftige, die Pflegesachleistungen von einem ambulanten Pflegedienst beziehen, Anspruch, halbjährlich einmal einen Beratungsbesuch abzurufen. Die Kosten für den Beratungsbesuch übernimmt die Pflegekasse. Der Beratungsbesuch soll die pflegenden Angehörigen entlasten, praktische Probleme aufnehmen, gesetzliche Leistungsangebote transparent machen und zeigen, dass der pflegebedürftige Versicherte im Mittelpunkt aller Bemühungen steht. Ausdrücklich ist der Besuch keine staatliche Kontrolle und dient nicht der Gewinnung von persönlichen Daten.
Die pflegerische Beratung nach § 37 Absatz 3 SGB XI dient der Sicherung der Qualität der häuslichen Pflege, der regelmäßigen Hilfestellung und praktischen pflegefachlichen Unterstützung der häuslich Pflegenden. Die Beratungsbesuche sind nach § 37 Absatz 3 Satz 1 SGB XI in der Häuslichkeit des Pflegebedürftigen durchzuführen. Dies kann der eigene Haushalt, der Haushalt der Pflegeperson oder ein Haushalt sein, in dem der Pflegebedürftige aufgenommen wurde.
Die Zielsetzung der verpflichtenden Beratungsbesuche besteht darin, die Pflegesituation regelmäßig zu beobachten, potenzielle Problembereiche zu erfragen, auf bestehende Beratungs- und Unterstützungsmöglichkeiten aufmerksam zu machen und den Adressaten der Beratung eine Hilfestellung für den Bedarfsfall zu signalisieren.
Dabei sollen insbesondere Kenntnisse über weitergehende Beratungs- und Schulungsmöglichkeiten für Pflegebedürftige und Pflegende vermittelt sowie Informationen über die Gestaltung des Pflegemixes im Rahmen des Umwandlungsanspruchs nach § 45a Absatz 4 SGB XI gegeben werden. Schließlich sollen bei geschilderten Problemen erste Lösungsschritte aufgezeigt, Kurzinterventionen sofort durchgeführt und über weiterführende Beratungsangebote, wie z. B. die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI und Pflegekurse/Schulungen nach § 45 SGB XI, soll informiert werden.
Mögliche Schwerpunkte
Folgende mögliche Schwerpunkte sollen im Beratungsbesuch thematisiert werden:
- Themenschwerpunkte des zu
Beratenden (Pflegebedürftige/Pflegepersonen) - Reflektion der Pflegesituation
- Tagesstruktur
- Selbstversorgung
- Wohnumfeld
- Verbesserung der Pflege- und Betreuungssituation
- Stabilität der häuslichen Pflegesituation
- weitere Unterstützungsangebote
- Hilfen und Informationen für Krisen- und Grenzsituationen und Gewalt in der Pflege
- Situation der Pflegeperson.
In den Beratungsbesuchen wird individuell auf die Versorgungssituation eingegangen. Von Beratungsbesuch zu Beratungsbesuch können die Beratungsschwerpunkte auch bei ein und demselben Pflegebedürftigen variieren. Des Weiteren ist auf die besonderen Belange der zu beratenden Personenkreise, beispielsweise die Kinder oder andere ehrenamtliche Pflegepersonen, einzugehen.
In der Beratungssituation werden bei Bedarf Empfehlungen über die Möglichkeiten zur Verbesserung der häuslichen Pflegesituation ausgesprochen. Dazu gehören insbesondere Empfehlungen
- zur Überprüfung des Pflegegrades
- zur Verbesserung der Pflegetechniken
- zur Vermeidung von Überlastung
- zur Gestaltung des Pflegemixes.
- Inanspruchnahme weiterer Leistungen
Insbesondere ist auf die Möglichkeit der Inanspruchnahme weiterer Leistungen hinzuweisen. Hierzu gehören:
- Pflegekurse/individuelle häusliche Schulungen nach § 45 SGB XI
- Leistungen der Tages- oder Nachtpflege,
Sachleistungen zur häuslichen Pflege - Kombinationsleistung
- Angebote zur Unterstützung im Alltag
- Kurzzeitpflege
- Verhinderungspflege
- Hilfs-/Pflegehilfsmittel und technische Hilfen
- Anpassung des Wohnraumes
- Hinweis auf Freistellungsmöglichkeiten nach dem Pflegezeit- und Familienpflegezeitgesetz
- Hinweise auf Rehabilitationsmaßnahmen
- Hinweis auf Auskunfts-, Beratungs- und Unterstützungsangebote des für Sie ggf. zuständigen Pflegestützpunktes und der Pflegekassen bzw. der privaten Versicherungsunternehmen sowie auf die Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.
Weitere Anregungen können sich beziehen auf
- die Hinzuziehung des behandelnden Arztes
- die Angebote anderer Leistungsträger (wie Pflegedienste).
Die Beratungsperson dokumentiert die in dem Beratungsbesuch gewonnenen Erkenntnisse über die Sicherstellung der Pflege und Betreuung sowie über die Möglichkeiten der Verbesserung der häuslichen Pflegesituation auf einem einheitlichen Formular. Dieses wurde mit dem Bundesministerium für Gesundheit und der Bundesbeauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit abgestimmt. Erfasst werden folgende Informationen:
- die Einschätzung der Pflege- und Betreuungssituation aus Sicht des Pflegebedürftigen und aus Sicht der Pflegeperson/en
- wie die Pflegefachkraft die in der Beratung festgestellte Pflege- und Betreuungssituation einschätzt
- welche Empfehlungen sie ggf. zur Verbesserung der Pflege- und Betreuungssituation gegeben hat, Einschätzung zur Sicherstellung der Pflege
- Empfehlung zur Inanspruchnahme der Pflegeberatung nach § 7a SGB XI.
Rechtsanwalt Prof. Ronald Richter,
RICHTERRECHTSANWÄLTE
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